Das Beute- und Nahrungsspektrum des Hundes_Club
Übersicht
1.1 Video: Dr. Gregor Berg stellt sich vor und gibt eine Einführung zu den Inhalten des Kurs
1.2 Das Beute- und Nahrungsspektrum des Hundes
1.3 Relevante anatomische Grundlagen des Hunde
1.4 Besonderheiten der Ernährungsphysiologie des Hunde
1.5 Fazit: Der Hund – ein reiner Fleischfresser
Die Natur passt in keine Schublade
Es gibt Tiere, bei denen man gesehen hat, dass sie ausschließlich pflanzliche Nahrung zu sich nehmen, Rinder zum Beispiel. Dann wiederum gibt es solche, von denen man weiß, dass sie Beutetiere jagen und fressen. Dazu gehören Wölfe und Hunde, aber auch Katzen.
Ein solches Tier, das andere Tiere erlegt und frisst, zählen die Zoologen zu den Raubtieren, lat. „Carnivor“. Darunter fallen alle Tiere, die bestimmte anatomische Merkmale aufweisen, z. B. ein „Raubtiergebiss“, und denen man aufgrund dieser Merkmale bestimmte Verhaltensweisen unterstellt; in dem Fall das Jagen und Töten von Beutetieren.
Bereits diese Zuordnung gestaltet sich im Abgleich mit der Realität schwierig. Denn: Nicht alle Raubtiere jagen, schon gar nicht ausschließlich. Manche sind sogar fast reine Vegetarier, dazu zählen einige Bärenarten, wie z. B. der Große Panda.
Der doppeldeutige Begriff „Carnivor“
Bereits der zoologische Begriff „Carnivor“ ist also schon nicht für alle Tiere passend, die in dieser Schublade stecken. Aber gerade im Zusammenhang mit unseren Hunden gibt es einen weiteren Stolperstein, der uns im Weg liegt.
Das Problem: „Carnivor heißt wörtlich übersetzt „Fleischfresser“. Welche Nährstoffe die Tiere brauchen, welche Enzymausstattung sie haben und wie ihr Stoffwechsel funktioniert, darüber sagt der Begriff aber wenig aus. Dass ein Hund (auch) jagt, darauf kann man sich sicher einigen, aber wieviel Fleisch frisst dieser „Carnivor“ Hund eigentlich?
Gibt es weitere Hinweise, die uns bei der Beantwortung dieser Frage weiterhelfen? Ja, die gibt es. Dazu müssen wir uns aber den Hund im speziellen anschauen.
Der Hund – ein Rudeltier durch und durch
Hunde sind Rudeltiere, so wie ihre Vorfahren, die Wölfe. Auch wenn so mancher Jäger etwas anderes behauptet: Ein einzelner Hund alleine wird nur in den allerwenigsten Fällen Jagderfolg haben und ein Tier reißen können. Hinzu kommt, dass sich Landschaften, Beutetiere und damit die Jagdsituationen immer wieder voneinander unterscheiden: Mal stöbern sie Jungtiere im Unterholz auf, mal separieren sie ältere oder verletzte Tiere im offenen Feld.
Um unter diesen anspruchsvollen Herausforderungen trotzdem erfolgreich zu sein, müssen sie strukturiert und koordiniert vorgehen: Während der eine Teil des Rudels beispielsweise hetzt, lauert ein anderer ausgeruht entlang der Strecke und übernimmt, sobald das gejagte Tier an Ausdauer verliert.
Schafft es jetzt diese zweite Gruppe das Tier zu erlegen, und würde umgehend anfangen, sich die besten Stücke zu sichern und aufzufressen, dann wäre es schnell vorbei mit dem Kooperationswillen der ersten Gruppe. Ein Beutetier – viele Jäger, die alle mehr oder weniger stark am Jagderfolg beteiligt waren. Das funktioniert nur, wenn eine strenge Hierarchie innerhalb des Rudels garantiert, dass alle Tiere das bekommen, was ihnen zusteht und was sie brauchen. So wie bei unseren Hunden eben.
Wählerisch zu sein, ist keine Option: Das gesamte Beutetier wird gefressen
Zuerst fressen die starken, ausdauernden Tiere. Dass sie ihre Kräfte regenerieren können, und maßgeblich zum Jagderfolg beitragen können, ist auch für das
Überleben des ganzen Rudels wichtig. Sie fressen die energiereichen und hochwertigen Teile, wertvolle Fette und das Muskelfleisch. Danach kommen die älteren Tiere, schließlich die Welpen. Die verschiedenen Alters- und Leistungsstufen haben so, obwohl es um dasselbe Beutetier geht, eine etwas unterschiedliche Rationszusammensetzung.
Zum Bild:
Hunde fressen das gesamte Beutetier. Wie bereits erläutert, fressen i. d. R. nicht alle Rudelmitglieder alles, aber nach und nach werden Muskelfleisch, Organe (z. B. Leber, Herz), Flüssigkeiten (z. B. Blut), Knochen und sonstige Knorpel oder Teile des Haarkleids gefressen, bis alles verwertet ist. Dieses Verhalten kann man an seinen eigenen Hunden beobachten: Stellt man ihnen einen Teller hin mit Steak, Bratkartoffeln, Bohnen und Tomatensalat, dann fressen sie freilich zuerst das Steak. Aber hören sie danach auf? Nein, dann kommen die Bratkartoffeln dran, dann die Bohnen und ich kenne einige Hunde, die sich sogar über die Tomaten hermachen würden – meiner zum Beispiel.
Um den Hund besser zu verstehen: Was macht die Katze?
Manche Dinge sieht man am klarsten, wenn man sie in Kontrast zu etwas setzt. Da die Katze, neben Hunden, das beliebteste Haustier der Deutschen ist und weil sie darüber hinaus einige zugespitzte Besonderheiten aufweist, werde ich sie v. a. in diesem Kapitel immer wieder zum Vergleich heranziehen, damit wir den Hund besser abgrenzen können.
Katzen sind Einzeljäger. Wenn sie Beute machen, dann brauchen sie auf niemanden warten und nichts aufteilen. Es ist nachvollziehbar, dass sie sich von einem Beutetier nur ausgewählte Anteile herauspicken können: Muskelfleisch und einige wenige Organe, wie Teile der nährstoffreichen Leber und das Herz. So ist es nicht verwunderlich, dass Katzen aller Altersstufen fast einen identischen Nährstoffbedarf haben. Denn: Auch eine alte Katze fängt genug Mäuse. Das Schaubild von eben würde bei ihnen so ausschauen:
Gute Zusammenarbeit und doch wenig Erfolg
Wölfe – und darauf beziehe ich mich, wenn ich von der Jagdmethode des Hundes rede – jagen strukturiert und intelligent, und sind doch viel weniger erfolgreich, als man vielleicht denkt. Es gibt verschiedene Einschätzungen, wie oft Wölfe etwas fangen, wenn sie losziehen. Manche Autoren sprechen von einer Erfolgsquote von eins zu vier, andere schätzen, dass sogar jede dritte Jagd erfolgreich ist.
So oder so: In den meisten Fällen liegt am Ende einer Jagd KEIN Beutetier auf der Strecke! Dann sind die Rudelmitglieder müde, noch hungriger als zuvor und haben kein Tier, an dem sie sich sattessen könnten.
Das Nahrungsspektrum des Hundes: breit und abwechslungsreich
Und was glauben Sie, tun diese Tiere, wenn sie an Süßgräsern (den Urpflanzen unserer Getreidesorten), Waldbeeren oder Pilzen vorbeimarschieren? Jeder, der seinen Hund dabei beobachtet hat, wie dieser im Garten vorsichtig die Johannisbeeren vom Strauch pflückt, wird wissen, wovon ich rede.
Den Hunden bleibt keine andere Wahl, als sich zu bedienen, wenn nährstoffreiche Pflanzen, Pilze, oder was auch immer, zu haben sind. Glauben Sie mir nicht kritiklos, sondern trauen Sie Ihren eigenen Beobachtungen. Wäre eine Schale Äpfel vor Ihrem Hund sicher?
Hunde fressen nicht nur Beutetiere. Sie halten sich an alles, was verfügbar und genießbar ist: Obst, Wurzeln und auch Pilze werden von Ihnen aufgenommen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese zu bekommen. Da ihr Jagderfolg als Rudel erstens nicht allzu groß ist und sie zweitens, wenn denn Beute gemacht wurde, sie diese mit den anderen Rudelmitgliedern teilen müssen, dürfen sie nicht allzu wählerisch sein.
Und die Katze wiederum? Die fängt fast immer etwas, wenn sie sich auf die Lauer legt, oft sogar mehr, als sie braucht. Und geteilt wird auch nicht. Wer würde da nicht anspruchsvoll werden? Und genau das ist sie auch. Bei ihr sähe das Schaubild so aus: